SPD -Kreisverband fordert: „Kein Schüler darf zurückbleiben -Chancengleichheit im Bildungswesen“

Veröffentlicht am 02.11.2008 in Pressemitteilungen

SPD -Kreisverband fordert
„Kein Schüler darf zurückbleiben -Chancengleichheit im Bildungswesen“
Lebhafte Debatte mit dem Vorsitzender des Schulausschusses im Landtag Norbert Zeller , Schulleitern und Eltern

Kreis Emmendingen. Mit 50 Teilnehmern war die Veranstaltung der Kreis-SPD unter dem Motto „Kein Schüler darf zurückbleiben – Chancengleichheit im Bildungssystem“ vergangenen Montag in der Denzlinger „Rocca-Fabrik“ außerordentlich gut besucht.

Zusammen mit den Podiumsdiskutanten dem Norbert Zeller, Vorsitzender des Ausschusses Schule, Jugend, Sport im Landtags, Maria Himpele, Schulleiterin der Alemannenhauptschule, Hartmut Nübling, Leiter der Grundschule und Heike Krüger Leiterin der Otto-Raub-Förderschule in Denzlingen wollte die Kreis-SPD über ihre Vorschläge zu einer reformierten Landesschulpolitik diskutieren.
Im Zentrum stand die Frage, wie die Schülerinnen und Schüler zu einem höchstmöglichen Schulabschluss ohne eine zu frühe Auslese verholfen und wie die Lernmotivation der Kinder und Jugendlichen durch mehr praxisorientierte Unterrichtsgestaltung, Ganztagesbetrieb und eine neue Ausbildung der Pädagogen wesentlich erhöht werden könne. Moderiert wurde die hoch interessante Veranstaltung durch den Bildungsexperten der SPD, Dietrich Elchlepp, Vorsitzender des SPD-Ortsvereines Denzlingen.
Eingangs verdeutlichte Landtagsabgeordnete Marianne Wonnay, die zusammen mit dem SPD-Kreisvorsitzenden Johannes Fechner, seiner Stellvertreterin Sabine Wölfle und Elchlepp Motoren der kreisweiten „Kampagne zum Bildungsaufbruch“ sind, dass man „solange weitermachen muss, damit niemand zurückbleibt in unserem Bildungssystem“ und auch die CDU-/FDP-Landesregierung dies endlich verstehe. Marianne Wonnay verdeutlichte, warum die ganzheitliche Bildung so wichtig sei. „Man hat aber den Eindruck, da sind viele, viele Baustellen, aber die passen alle nicht zusammen“.

Gravierende Bildungsdefizite beheben

Elchlepp zitierte aus dem Bildungsbericht 2008 der KMK deutliche Defizite in Punkte Chancengerechtigkeit; er betonte, dass man keineswegs einen Griff in die ideologische Mottenkiste tätige, sondern sich im Interesse der Familien einem hochaktuellen Handlungsauftrag an die Politik stelle: Bis zu zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs verlassen die Schule ohne einem Abschluss, viele weitere mit nur ungenügenden Kenntnissen für eine Berufsausbildung .Kinder aus Einwandererfamilien
seien im Besonderen benachteiligt; bei gleicher Intelligenz seien diese weniger auf Gymnasien anzutreffen als Kinder aus heimischen Familien. Sie verlassen doppelt so häufig wie Einheimische die Schule ohne einen Hauptschulabschluss und 60 Prozent der Jugendlichen aus Einwandererfamilien fänden nach dem Schulabschluss keine Ausbildungsstelle und befänden sich in langen Warteschleifen. Kinder aus Arbeiterfamilien zählen generell den Verlierern;sie hätten eine viermal geringere Chance ein Studium zu beginnen als Kinder aus Familien mit Hochschulabschluss. Auch wenn der Bildungsstand in Deutschland insgesamt gestiegen sei, fast nirgendwo in Europa sei der Zusammenhang zwischen Bildungsstand der Eltern und Schulerfolg der Kinder so groß wie hier. „Das widerspricht eindeutig dem Geist des Grundgesetztes und der Landesverfassung“, so Elchlepp.
„Wir müssen die zu frühe Verteilung der Zehnjährigen auf unterschiedliche Schularten überwinden, wenn wir Chancengleichheit schaffen wollen“ Diese Entscheidung werde in der Praxis später kaum noch korrigiert. Der Bildungsbericht 2008 sage für Baden-Württemberg aus, dass bei einem Schulartwechsel in den Jahrgangsstufen 7 bis 9 nur 19 v.H. aufsteigen, aber 68 v.H, absteigen.Damit sei kaum Durchlässigkeit gegeben, wie immer behauptet werde.

Bessere Bildung bedeutet mehr ehrenamtliches Engagement in der Gemeinde

Von der Höhe der Schulbildung hängen auch die Chancen auf eine frühe gesellschaftliche Teilhabe des Einzelnen und damit auch zeitlebens das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde ab, wie jüngste Untersuchungen beweisen. Man könne somit schlussfolgern, dass eine zu frühe Aufteilung der Schüler auf unterschiedliche Schularten nicht nur die Chance auf einen höheren Schulabschluss, sondern auch die Demokratiebeteiligung des Einzelnen verkürze, was nicht im Interesse einer langfristig stabilen Demokratie in Deutschland liegen dürfte.

In einem darauf folgenden Film von Reinhard Kahl wurde deutlich gemacht , dass in der Schule lange Zeit die Belehrung statt das reflektierende Lernen Hauptaufgabe gewesen sei
und wer unter Angst lerne, die Angst gleich mit lerne. Wichtig sei, dass mehr Kreativität im Schulalltag Einzug halte, die nicht verordnet werden könne. Schüler dürfte man auch nicht beschämen. Lernen sei dem Forschen viel näher als der bloße Schulunterricht. Schulen seien „Treibhäuser der Zukunft“ und müssen Hunger machen aufs Lernen.

„Das Kind steht im Mittelpunkt, nicht der Lehrplan“

In der anschließenden Diskussion waren sich die Schulleiter einig, dass in den Schulen Lernangebote Platz finden müssten, die stärker auf das einzelne Kind bezogen sind, um alle zu gleichen Bildungschancen zu führen. Das Problem sei aber,dass ausreichendes Personal fehle. Verdeutlicht wurde auch, dass der Vorschule eine große Rolle zukomme, um Sprachrückstände frühzeitig aufzudecken und auszugleichen. Dazu bedarf es einer anderen Ausbildung der Erzieher und Erzieherinnen, die das Land nicht konsequent verfolge.

„Wir wünschen allen unseren Kindern, gemeinsam lernen zu können“, sagte Heike Krüger von der Förderschule . „Ich kann mir vorstellen, dass es die Förderschule nicht mehr gehen wird“, sagte Hartmut Nübling. Er ergänzte realistisch: „Die Fähigkeit der Kinder gehen weit auseinander“. Die Verwahrlosung in der Erziehung nehme zu. Er stellte im Hinblick auf Kinder aus Einwandererfamilien die provokante Frage, ob überhaupt von allen Eltern der beste Bildungsabschluss für ihre Kinder gewünscht werde. Er erntete aus dem Publikum die Gegenfrage, ob es dann nicht die öffentliche Aufgabe sei, statt resignierend Defizite festzustellen, Ganztagsschulangebote und frühe Bildungs-und Erziehungshilfen im Kindergarten bereitzustellen.
Maria Himpele wies auf gut zwei Drittel der Hauptschüler ihrer Schule hin, die nach ihrem Abschluss weiter machen und auf Umwegen doch den mittleren Bildungsabschluss erreichen. „Welche Bedeutung habe dann der eigenständige Hauptschulabschluss?“.
Norbert Zeller sprach sich für die Einführung einer Ganztagsschule aus, weil diese Reformbestrebungen erleichtere und allen Schülerinnen und Schülern mehr Raum für zusätzliche Lernangebote in entspannender Atmosphäre biete. Lernschwächeren könne hier
gezielt geholfen werden , auch durch Hausaufgabenbegleitung. Damit werde den Familien unter den Arm gegriffen und die Familienatmosphäre eher gestärkt. Von den jetzigen Lernformen (im 45-Minuten-Takt) müsse man sich lösen, wurde unisono dargelegt.

Festhalten an Schulstrukturen blockiert Reformen

Zur frühen Aufteilung von Schülerinnen und Schülern auf einzelne Schularten, einmalig in Europa, war zu hören, dass diese zu früh vonstatten gehe, da Kinder und Jugendliche oftmals unterschiedliche Entwicklungsphasen und individuelle Entwicklungsschübe (auch verspätet) haben. Norbert Zeller wies darauf hin, dass es vorbildliche Reformansätze an einzelnen Schulen des Landes gebe, dass aber die Landesregierung sich regelmäßig nicht für eine breite Umsetzung ausspreche, wenn damit bestehende Schulstrukturen verändert werden müssten. Das sei völlig unverständlich,denn es schade dem bildungspolitischen Fortschritt und den Lebenschancen von Kindern. Es sei schon merkwürdig, daß diejenigen, die stur an der frühen Auslese und an Hauptschulen festhielten, für ihre eigenen Kinder keinen Abschluss in den Hauptschulen anstreben.

Auf die Frage eines Besuchers,man könne gegen bestehende Schulgesetze keine Reformen in Gang bringen meinte der Ausschussvorsiteznde, man müsse über die Kanten des bestehendes Schulgesetzes hinaus denken und örtlich mit Hilfe der Eltern und Lehrer versuchen weitere Reformmodelle durchzusetzen.Damit erhöhe man den Druck auf die Landesregierung, sich im Sinne von Chancengleichheit in der Schulpolitik neuen Erkenntnissen in der Pädagogik zu öffnen.

 

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